zum Inhalt springen

Revision dendrochronologischer Belegdichten in der Kölner Bucht

Antragsteller: Dr. Thomas Frank, Universität zu Köln, Institut für Ur- und Frühgeschichte, Labor für Dendroarchäologie

Projektleitung: Barbara Diethelm M.A.
Studentische Mitarbeiter:
Nadia Balkowski B.A. (bis 12/2014), Manuel Broich B.A. (bis 08/2013), Ronald Busch.

Das Projekt wird gefördert durch die

Region: Rheinisches Braunkohlenrevier.
Umfang: 1.600 Proben, 1.858 Einzelmessungen.
Antragszeiträume:
01.09.2010-31.08.2012 (Erfassung und Aufbereitung der Daten).
01.05.2013-30.04.2014 (Dendrochronologische Revision der Altdaten, Beginn des Aufbaus eines regionalen Jahrringkalenders für das rheinische Braunkohlenrevier).

und durch das

Region: Kölner Stadtgebiet.
Umfang: 3.028 Proben, 3.578 Einzelmessungen.
Antragszeiträume:

2010-2011 (Erfassung und Aufbereitung der Daten aus dem Kölner Stadtgebiet).
2012-2013 (Einlesen der alten Messreihen in die SQL-Datenbank und Eingabe der Metadaten, Korrektur der eingelesenen Daten).

Der Ausgangspunkt des Projektes ist die Überarbeitung der in den letzten vier Jahrzehnten an den Hölzern aus der Kölner Bucht gewonnenen dendrochronologischen Daten. Exemplarisch werden zunächst die Daten aus dem rheinischen Braunkohlenrevier und dem Kölner Stadtgebiet bearbeitet. Zu einem späteren Zeitpunkt werden die dendrochrologischen Untersuchungen aus dem Umland einbezogen, um eine flächendeckende Aufarbeitung der Region Kölner Bucht zu erreichen.

Das Ziel ist die Verbesserung der Jahrringkalender für die Region, um eine Erhöhung der Datierungsquote zu erreichen. Die Aufnahme aller archäologischen, geografischen und dendrochronologischen Informationen in einer Datenbank ermöglicht eine gezielte Neubearbeitung der Messdaten. Insbesondere wird eine Verbesserung der Jahrringkalender in den dendrochronologisch schwach belegten Zeitabschnitten angestrebt.

Seit 1972 sind aus den archäologischen Grabungen im rheinischen Braunkohlenrevier und dem Stadtgebiet Köln mehrere Tausend Holzproben zur Untersuchung in das Labor für Dendroarchäologie gelangt.

Obwohl die Kölner Bucht eine dendrochronologisch gut untersuchte Region ist, finden sich Zeitabschnitte aus denen keine oder nur vereinzelte Holzfunde vorliegen. In diesen Zeitabschnitten ist die Belegungsdichte des dendrochronologischen Kalenders niedrig (Anzahl der datierten Holzproben pro Jahr). Im Untersuchungsgebiet sind dies besonders die Zeiträume Spätantike-Völkerwanderungszeit (230-500 n. Chr.) und das Früh- bis Hochmittelalter (650-1250 n. Chr.).

Für das rheinische Braunkohlenrevier lässt sich dies an den im ersten Jahr des Projektes erhobenen Daten anschaulich zeigen. Aus den archäologischen Grabungen der Tagebaue Garzweiler , Hambach und Inden sind im Laufe der letzten 30 Jahre rund 1.600 Holzproben zur Untersuchung in das Labor für Dendroarchäologie gelangt (Stand Ende des Jahres 2010). An rund 1.100 Proben konnten die Jahrringabstände gemessen werden. Insgesamt wurden 533 Proben dendrochronologisch datiert (50% der gemessenen, 30% aller Proben).

 In der Abb. 1 (unten) sind die datierten Proben aus den letzten 2100 Jahren dargestellt. Anhand einer Lücke wird die Problematik deutlich: Auf die am Anfang gut belegte Periode der römischen Kaiserzeit folgt ab 230 n. Chr. eine schwach belegte Phase, die bis in die Völkerwanderungszeit um 500 n. Chr. reicht. Für diese 270 Jahre gibt es bisher insgesamt nur 21 Proben. Davon stammen 15 von einer Fundstelle im Tagebau Hambach (HA 500, Phase I), die alle in die 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts datiert sind. Die restlichen Holzproben wurden auf zwei Grabungen im Tagebau Garzweiler geborgen (FR 114, FR 126). Diese Lücke ist für weite Teile Westeuropas bekannt und verursacht eine niedrige Belegdichte der dendrochronologischen Kalender. Dadurch gibt es immer wieder Datierungsunsicherheiten bei archäologischen Hölzern aus diesem Zeitabschnitt.

Die lückenhaften Abschnitte des Jahrringkalenders haben verschiedene Ursachen. Im rheinischen Braunkohlenrevier ist es eine Mischung aus Umwelt- und kulturellen Faktoren, die zu einer unterschiedlichen Belegungsdichte entlang der Zeitachse führt. So sind Hölzer, die seinerzeit bis in das Grundwasser eingetieft wurden, besonders häufig erhalten (z. B. Brunnenkästen). Auch steigt oder fällt die Wahrscheinlichkeit der Überlieferung von Hölzern in Abhängigkeit von der Bevölkerungszahl und der entsprechenden Bautätigkeit. Zusätzlich spielen die von den Archäologen gewählten Schwerpunkte bei der Beprobung eine Rolle. So erklärt sich der Rückgang der datierten Proben ab dem 15. Jahrhundert durch den geringeren Bedarf an dendrochronologischen Datierungen, da nun schriftliche Quellen für die zeitliche Einordnung zur Verfügung stehen.

In der ersten Projektphase werden die archäologischen und geografischen Informationen sowie die Messdaten aller Holzproben in eine SQL-Datenbank übertragen (SQL= Structured Query Language). Zurzeit sind den rund 1.600 Proben aus dem rheinischen Braunkohlenrevier etwa 26.000 Einzelinformationen zugeordnet. So z. B. Details der archäologischen Grabung, die Datierung, die Holzart, die geografischen Koordinaten und fast 2.000 Messreihen mit 115.792 gemessenen Ringabständen. Darüber hinaus wurden 570 Abbildungen der Holzproben digitalisiert (gescannt). Mit Hilfe der Datenbank wird es möglich aus den bisher undatierten Proben der vergangenen Jahrzehnte gezielt diejenigen herauszufiltern, die gute Voraussetzungen für eine dendrochronologische Datierung bieten. Dies wären z.B. Eichenhölzer mit mehr als 50 Jahrringen.

Es wird erwartet, dass etwa 30 % der bisher undatierten Hölzer im Rahmen der Revision datiert werden können. Dabei werden zwischenzeitlich sogenannte „schwimmende Chronologien“ ohne chronologische Fixpunkte entstehen, deren absolutchronologische Festlegung zur Verbesserung der regionalen Jahrringkalender beitragen wird. Mittelfristig kann dadurch die Datierungsquote archäologischer Hölzer aus den archäologischen Grabungen in der Kölner Bucht verbessert werden. So entsteht durch die Aufarbeitung von Altdaten ein Beitrag zur chronologisch differenzierten Erforschung der Besiedlungsgeschichte der Kölner Bucht.

Es ist geplant die Revision der Daten auf ganz Nordrhein-Westfalen auszudehnen.

 

Abb. 1. Zeitliche Verteilung der datierten Hölzer (n=533) aus dem rheinischen Braunkohlenrevier.